Was ein gutes Interview-Setup ausmacht – Licht, Ton & Atmosphäre
Egal, ob du für YouTube, Podcasts oder klassische Fernsehformate aufnimmst – ein gelungenes Interview-Setup ist mehr als nur eine Kamera vor dem Gast. Mit passendem Licht, klarem Ton und der richtigen Atmosphäre vermittelst du Professionalität und sorgst für ein angenehmes Gesprächsklima. In diesem Artikel erfährst du, wie du mit wenig Aufwand einen professionellen Rahmen für Interviews schaffst und welche Feinheiten oft unterschätzt werden.

1. Die Basics: Was ist das Ziel deines Interviews?
Bevor du in die technische Planung gehst, kläre zuerst die inhaltliche Ausrichtung:
- Publikum: Wer soll das Interview sehen/hören? Fachleute, breite Masse, junge YouTube-Community?
- Format: Seriöser Talk, lockeres Q&A, Streitgespräch? Der Stil prägt u. a. Beleuchtung und Hintergrund.
- Dauer & Plattform: Ein 5-minütiges Kurzinterview erfordert weniger Setting als ein 1-stündiges Deep-Dive. YouTube vs. TV vs. Streaming – jede Plattform hat andere Standards.
Wer das Konzept klärt, kann besser planen, ob du z. B. einen Cozy-Look mit Sofa und warmer Beleuchtung willst oder lieber steriles Studioflair mit neutralem Licht und cleanem Sound.
2. Raumauswahl und Hintergrund
Häufig unterschätzt: Standort und Hintergrund. Das Setting ist Teil der Stimmung und kann viel über das Thema sagen:
- Neutraler Hintergrund: Weiß/grau oder dezente Farbe, wenn der Fokus rein auf die Personen liegen soll.
- Branded Setting: Firmenlogo, Poster oder thematische Dekoration, um Corporate Identity zu betonen.
- Natürlicher Look: Beispiel: Bücherregal, dezentes Pflanzen-Arrangement, sorgt für Behaglichkeit. Aber Vorsicht vor Chaos! Nichts stiehlt dem Gespräch die Show.
Achte auf Abstand zur Wand – ein Interview wirkt oft tiefer und hochwertiger, wenn ein gewisser Raum hinter den Personen besteht. Das verleiht Dimension und vermeidet Schlagschatten.
3. Licht: Mehr als nur Helligkeit
Beleuchtung ist das A und O für ein professionelles Interviewbild. Folgende grundlegende Beleuchtungskonzepte solltest du kennen:
-
3-Punkt-Beleuchtung: Key Light (Hauptlicht), Fill Light (Aufheller) und Back Light (Gegenlicht).
- Key Light: 45° seitlich von vorne, gibt dem Gesicht Struktur und Schattenzeichnung.
- Fill Light: Mildert Schatten, meist schwächer. Alternativ Reflexionsfläche (z. B. Styropor).
- Back Light/Hair Light: Licht von hinten oben, um Person vom Hintergrund zu trennen (Kontur).
- Fensterlicht: Natürliche Option, aber unbeständig (Wolken, Sonnenstand). Nutze Reflektoren und Vorhänge für Kontrolle.
- Soft Lights: Weiches Licht schmeichelt Gesichtern, verringert harte Schatten. Ideal sind Softboxen, LED-Panels mit Diffusor oder Ringlichter (bei Porträtaufnahmen).
Ein gut ausgeleuchtetes Gesicht steigert die Professionalität und macht Mimik erkennbar. Zu grelle Spots oder extreme Farben lenken hingegen ab. Finde ein harmonisches Zusammenspiel.
4. Ton: Die Stimme zählt
Audio ist oft wichtiger als das Bild. Ein Zuschauer erträgt eher ein mäßiges Bild als störenden Hall oder Rauschen:
- Lavaliers (Ansteckmikrofone): Praktische Nähe zur Stimme. Achte auf Positionierung (Halsbereich) und Vermeidung von Raschelgeräuschen.
- Shotgun-Mikrofone: Erfasst frontal, also ideal, wenn die Interviewpartner nah beieinander sitzen. Allerdings Raumakustik beachten.
- Handmikros: Für "Reportage-Style", spontane Straßengespräche. Hat Dynamik, aber kann unruhig wirken.
- Raumhall dämpfen: Teppiche, Vorhänge, ggf. mobile Schallschutzwände minimieren Echos. Kleine Budget-Lösung: Schallabsorber aus Schaumstoff aufstellen.
Ein Ton-Check ist Pflicht. Nimm testweise eine kurze Probe auf und hör sie ab, um Rauschen, Pegel oder Summen (z. B. Klimaanlage) aufzuspüren. Störende Nebengeräusche ruinieren sonst das Interview.
5. Kamera & Perspektive
Welches Bild willst du erzielen? Ein stehendes Interview (z. B. on location) oder Gespräch am Tisch (Set-Atmosphäre)? Die Kamera-Position spielt eine große Rolle:
- Eyeline auf Kamerahöhe: Vermeide Frosch- oder Vogelperspektiven. Oft wirkt es am natürlichsten, wenn die Linse auf Augenhöhe ist.
- Off-Axis-Interview: Personen schauen leicht seitlich an der Kamera vorbei, zu einer Interviewperson. Das vermittelt authentisches Gesprächsgefühl.
- 2-Kamera-Aufbau: Bei längeren Formaten, um Schnittbilder zu haben (z. B. Close-up vs. Halbtotal). Spart Jumpcuts und erhöht Professionalität.
- Brennweiten: Ein leichtes Tele (50–85 mm APS-C / 85–135 mm Vollformat) schmeichelt Gesichtern, rückt Hintergrund in angenehme Unschärfe.
Teste Briefing Shots: Eine Person alleine im Bild, dann Two-Shot (beide Personen) und Nahaufnahmen für emotionale Momente. So bekommst du im Schnitt Optionen.
6. Atmosphäre aufbauen: Musik, Dekoration & Pausengespräche
Damit ein Interview lebendig und sympathisch wirkt, denke über Atmosphäre nach:
- Hintergrundmusik (sparsam): Eignet sich teils fürs Intro oder Outro, darf aber nie die Stimmen übertönen.
- Deko-Elemente: Pflanzen, Lampen, Poster – subtil platzieren, so wird der Ort charaktervoll, ohne zu überladen.
- Vorgespräch: Schaffe für Interviewpartner*innen eine Wohlfühl-Umgebung. Ein lockerer Smalltalk vor dem Start entspannt und fördert echte Emotionen.
Betone dem Gast, wo die Kamera ist, wie das Licht gesetzt ist und welche Absprachen hinsichtlich Redezeit oder thematischen Grenzen gelten. So entsteht ein Gefühl von Sicherheit und professionalem Umgang.
7. Technische Übersicht: Das brauchst du mindestens
Für den schnellen Überblick: Welche Ausrüstung ist in Basis-Form fast unverzichtbar? Eine kleine Checkliste:
Equipment | Beschreibung |
---|---|
Kamera | DSLR/Mirrorless mit gutem Autofokus, mind. Full HD, besser 4K |
Mikrofon | Lavalier (Ansteckmikro) oder Shotgun. Externer Audio-Recorder oder Kamera-Eingang |
Beleuchtung | Softbox/LED-Panel (Key), zweites Licht (Fill), optional Backlight |
Stative | Für Kamera & Licht, stabil genug für längere Aufnahme |
Monitor/Kopfhörer | Um Bild & Ton live zu checken (Audiopegel, Fokus, Bildausschnitt) |
Dämpfung Material | Teppich, Vorhänge oder Schallschutz-Paneele gegen Hall |
Wer mobiles Setup braucht, kann Kompromisse machen (kleine LED-Leuchten, Handy mit externem Mikro). Doch Ton & Licht bleiben essenziell, selbst in Low-Budget-Projekten.
8. Häufige Fehler & wie du sie vermeidest
- Keine Testaufnahme: Man merkt erst nach 10 Min Interview, dass das Mikro ausfällt oder Licht flackert. Immer Test-Clip vorher aufnehmen.
- Zu nah an der Wand: Gesichter wirken flach, Schatten erscheinen direkt hinter Personen. Mehr Tiefe (1–2m Abstand zur Wand).
- Große Fenster ohne Abdunklung: Tageslicht ändert sich ständig, belichtet ungleich. Nutze Vorhänge oder Filmlicht für Konstanz.
- Zu hohes ISO: Rauscht das Bild, wirkt es unprofessionell. Besser Licht verstärken oder Blende öffnen, statt ISO 6400+.
- Keine Pausen oder B-Roll: Im Schnitt fehlt Material. Nach dem Interview noch Nahaufnahmen (Hände, Gesicht) oder Reaktionen aufnehmen.
9. FAQ – Gutes Interview-Setup
- Was tun, wenn wenig Platz zur Verfügung steht?
- Nutze kompakte Softboxen oder LED-Panels anstatt großer Flächenleuchten. Stell die Kamera in eine Ecke, die etwas Tiefe bietet, und halte das Setting minimalistisch (Hintergrund-Deko sparsam).
- Wie wichtig ist ein externer Audiorekorder?
- Das hängt von deinem Qualitätsanspruch ab. Ein externer Rekorder (z. B. Zoom H5) mit XLR-Eingängen liefert meist besseres Audio als reines Kamera-Plugin. Gleichzeitig entkoppelt es Ton vom Kamerasignal.
- Kann man nur mit natürlichem Licht arbeiten?
- Ja, an einem sonnigen Fensterplatz. Doch das Risiko von Wolken oder wechselndem Lichteinfall ist hoch, was im Video stören kann. Eine konstante Kunstlichtquelle bleibt vorzuziehen, wenn du Kontinuität willst.
- Welche Brennweite ist optimal?
- Für ein klassisches Sit-Down-Interview: 35–50 mm APS-C oder 50–85 mm Vollformat. Das sorgt für natürliches Gesichtsfeld und leichte Hintergrundunschärfe.
- Wie gehe ich mit lauten Umgebungen um?
- Lavaliers oder Shotguns nahe am Mund positionieren, ggf. Richtmikro, Umgebungsgeräusche minimieren (Geräte ausschalten, Zeitfenster wählen, wenn weniger Lärm). Raumakustik dämpfen ist wichtiger denn je.
Fazit – Mit wenig Aufwand zu professionellen Interviews
Ob in einem improvisierten Wohnzimmer-Set oder einem firmeneigenen Studio: Gute Interviews entstehen, wenn Licht, Ton und Atmosphäre harmonieren. Bereits kleine Verbesserungen – wie ein Softbox-Licht, ein Lavaliermikro oder ein weniger unruhiger Hintergrund – können den Qualitätseindruck drastisch steigern.
Dabei musst du kein Vermögen ausgeben: Geschick bei der Beleuchtung und ein gutes Auge für Bildaufbau sind oft wichtiger als High-End-Equipment. Auch Scripting (für Fragen oder Ablauf) und eine solide Audio-Probe vorab dürfen nicht fehlen. Ein entspanntes Vorgespräch mit dem Gast sowie eine angenehme Atmosphäre runden alles ab.
Interviews sind mehr als reine Frage-Antwort-Spielchen. Sie leben von spontanen Emotionen, authentischen Gesten und dem Moment. Damit Zuschauer*innen diesen Zauber spüren, braucht es ein stabiles Gerüst. Technik, Setup und Inszenierung bilden den Rahmen – den Inhalt machen Menschen. Mit dem richtigen Setup sorgst du dafür, dass Inhalt und Technik perfekt zusammenarbeiten.
Key Takeaways
- Konzept zuerst: Kläre Zielgruppe, Thema, Format – dann Setup entsprechend planen.
- Licht ist Königin: 3-Punkt-Beleuchtung oder Soft Lights bringen Gesichter zum Strahlen, Fensterschein kann unzuverlässig sein.
- Tonqualität priorisieren: Ein gutes Mikro (Lavalier, Shotgun), Raumdämpfung und Pegelcheck schützen vor Frust.
- Kamera & Perspektive: Augenhöhe, passendes Brennweiten; 2-Kamera-Aufbau erhöht Professionalität.
- Atmosphäre formen: Deko, Musik, Vorgespräch – alles trägt zur entspannten Gesprächsführung bei.
- Testaufnahme: Sound, Fokus und Lichtcheck unbedingt machen.